Ersteigern eines mangelhaftes Pferdes .. „Freikoppens“
Eine Pferdeauktion, die zwar von einem Pferdezuchtverband veranstaltet, aber von einem öffentlich bestellten Versteigerer durchgeführt wird, ist als öffentliche Versteigerung anzusehen. Deswegen sind auf sie die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufrechts nicht anzuwenden. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Die Klägerin, die hobbymäßig ein Gestüt betreibt, verlangt die Rückerstattung des Kaufpreises für eine Stute, die sie im Januar 2005 in einer Auktion des beklagten Pferdezuchtverbandes ersteigert hat. Der Verband organisiert jährlich mehrere Auktionen, in deren Rahmen Pferde seiner Mitglieder versteigert werden. Dies war auch bei der im Januar 2005 durchgeführten Auktion so, die von einem öffentlich bestellten Versteigerer geleitet wurde. Aus den allgemeinen Auktionsbedingungen des Verbandes ergibt sich unter anderem, dass die Versteigerungen vom Verband veranstaltet werden und dass die im Rahmen der Auktion geschlossenen Verträge zwischen dem Ersteigerer und dem Verband zustande kommen. Im März 2005 stellte die Klägerin fest, dass die im Januar ersteigerte Stute die Verhaltensauffälligkeit des «Freikoppens» [ Koppen ist eine Verhaltensstörung des Pferdes und zählt wie das Weben zu den Stereotypien.
Koppen bezeichnet das Öffnen des Schlundkopfes durch Anspannen der unteren Halsmuskulatur, woraufhin Luft in die Speiseröhre einströmt. Dabei entsteht meist ein deutlich hörbares Geräusch, ähnlich einem Rülpser beim Menschen. Man unterscheidet zwei Formen des Koppens. Beim Aufsetzkoppen setzt das Pferd die oberen Schneidezähne auf einen Gegenstand geeigneter Höhe auf, wobei der Hals stark gebogen wird. Dies kann die Futterkrippe (daher auch der Begriff „Krippensetzer“), ein Balken oder Ähnliches sein. Manche Pferde erfassen den Gegenstand auch mit den Zähnen. Beim Freikoppen bewegt das Pferd seinen Kopf erst zur Brust und dann in einer ruckartigen Bewegung nach vorne. Aufsetzkopper kommen weitaus häufiger vo ] aufweist, die den Zucht- und Wiederverkaufswert eines Pferdes mindert. Sie verlangt deswegen, dass ihr der Verband den Kaufpreis in Höhe von 160.000 Euro zurückerstattet.
Ob sie damit Erfolg haben wird, ist noch offen. Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses den Sachverhalt noch weiter aufklärt. Allerdings weist er in seinem Urteil darauf hin, dass die Klägerin sich nicht auf die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf berufen könne. Dies ergebe sich daraus, dass sie eine gebrauchte «Sache» in einer öffentlichen Versteigerung erworben habe. Hier seien die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf laut Gesetz ausnahmsweise nicht anwendbar.
Zwar sei diese Ausnahme nur dann hinnehmbar, wenn der Versteigerer aufgrund seiner Person eine gesteigerte Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung der Versteigerung einschließlich einer zutreffenden Beschreibung der angebotenen Gegenstände bietet. Das sei jedoch, wenn die Versteigerung von einem öffentlich bestellten Versteigerer durchgeführt werde, der Fall. Dass dieser selbst auch Veranstalter der Auktion sei, sei nicht erforderlich, betont der BGH.
Das Berufungsgericht muss jetzt weitere Feststellungen dazu treffen, ob die Verhaltensauffälligkeit des «Freikoppens» bereits bei Übergabe des Pferdes vorhanden war. Dies muss laut BGH die Klägerin beweisen. Denn die für den Verbrauchsgüterkauf geregelte Beweislastumkehr komme nicht zur Anwendung.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.02.2010, VIII ZR 71/09